Der Regen vertrieb mich Ende August vom See nach Italien. Immer gen Süden vorbei an der Toskana nach Apulien mit über 100.000 ha das zweitgrößte Weinanbaugebiet Italiens. Hier ist es warm, sonnig und es gibt gute Weine. Schon dem Stauferkaiser Friedrich II. gefiel es vor knapp 900 Jahren hier und er ließ in der Nähe von Bari das achteckige Castel del Monte errichten. Ein Must see in einer schönen Landschaft. Die Hauptrebsorten sind Primitivo, Negroamaro, Nero di Troia und Susumaniello. Hieraus werden teilweise sehr aromatische und mit bis zu 18 % recht starke Weine erzeugt. So weit so gut.

Meine erste Station führte mich zur Tenuta Viglione zwischen Bari und dem Golf von Tarent im Westen Apuliens. Mit einer Produktion von 1.000.000 Flaaschen eine recht große Kellerei, häufig schon mit Tre Bicchierie vom Weintester Gambero Rosso ausgezeichnet. Die Weinberge um Viglione herum haben eine lockere Steinschicht und darunter kalkhaltige Tonböden, die eine Wanne bilden, so dass das Wasser nicht weiter versickert, sondern für die Wurzeln der Rebstöcke erreichbar bleibt. Das Regenwasser wird durch die Hohlräume der lockeren Steinschicht gespült und sorgt für eine markante Mineralität der Weine. Besonders gut gefielen mir der Morso Susumaniello 2020 und der Sellato Primitivo 2018. Beide Weine sind fruchtig, mineralisch, mit einem reichen Bouquet an roten und dunklen Beeren, aber mit 14 % Alkohol noch vergleichsweise moderat. Der Preis hierzulande beträgt ca. 10,- € für eine Flasche. Ein Schnäppchen

Einer der Starwinzer ist Gianfranco Fino, der seine besten Weine aus Primitivo und Negroamaro keltert. Gegründet wurde die Kellerei zwischen Sava und Manduria nahe am Meer im Jahr 2004. Damals erwarb Fino 10 ha Weinberge, die mit 50 Jahre alten Primitivo Rebstöcken bepflanzt sind. In 2006 wurden weitere 12 ha Negroamaro Rebflächen gekauft und in 2018 begann er mit dem Neubau dieser neuen, supermodernen Weinkellerei. Die 22 ha Weinberge sind in 14 Parzellen aufgeteilt, die 100 m über NN liegen. Er produziert 25.000 Flaschen pro Jahr in höchster Qualität. Das Meer ist ca. 6 km entfernt und die Meeresluft kühlt in der Nacht die Luft deutlich ab. Die Unterschiede können bis zu 20° C betragen. Fini arbeitet nach biodynamischen Grundsätzen, ist aber nicht zertifiziert.

Verkostungsnotiz

Heute möchte ich euch den ES 2019 vorstellen. Kein Leichtgewicht mit einem Alkoholgehalt von 16,5 %. ES besteht zu 100 % aus Primitivo, die Reben sind zwischen 50 – 90  Jahre alt und in der Albarello Buschform gewachsen. Der Weinberg ist 10 ha groß, auf einer Höhe von 98 m über NN in der Nähe von Sava und Agro di Manduria. Der Ertrag der alten Reben bringt nur 400 g pro Rebstock, ist aber herrlich konzentriert. Der Gärungsprozess läuft bei 25° C in 7.000 l Edelstahltanks temperaturkontrolliert ab, danach reift der Wein für 9 Monate in französischen Barriques zur Hälfte neue und 2. Belegung und nach weiteren 6 Monaten auf der Flasche geht der Wein ungefiltert in den Verkauf.

Im Glas ein dunkles Rubinrot mit violetten Schimmer. In der Nase eine Explosion von Eindrücken: dunkle Früchten, Johannisbeere, Kirsche und Datteln, balsamische Noten wie Minze, Zitronenzeste, Orange, Noten von Tabak, Zimt und dunkler Schokolade.

Am Gaumen mundfüllend, mit einem vollendeten Körper, dicht gewoben, geschliffenes Tannin, elegant, mineralisch, Noten von Cassis, dunkler Kirsche, mediterranen Kräutern, Zartbitterschokolade, lang mit einem herrlichen Nachhall. Er ist mächtig, körperreich, aber auch sanft und fast schon verspielt. Eine vollendete Interpretation der Rebsorte Primitivo.

Bezug: Vipino